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wirtschaftlich nicht rentabel: lieb-sein

Vor einer Weile sagte ein Kollege zu mir: „Sophie, Du bist zu lieb!“

Ja. Auch wenn es sich komisch anfühlt, so etwas von sich selbst zu behaupten: Ich bin wohl ein lieber Mensch. Ich sage selten Nein, wenn mich jemand um etwas bittet; bin selten wirklich wütend auf Leute, selbst, wenn diese mir Unrecht angetan haben; nur selten denke ich Schlechtes über andere Menschen.

Aber, was meinte der Kollege mit dem Wörtchen „zu“? Darüber habe ich mir Gedanken gemacht. Hier sind sie:

Unsere Gesellschaft selektiert - nicht im evolutiven, sondern im wirtschaftlichen Sinne - gegen das Lieb-Sein. Im Beruf kommt der, der seine eigenen Interessen vor die der anderen stellt, meist weiter als der, der sich selbstlos um seine Mitmenschen kümmert. In gewisser Hinsicht hält Lieb-Sein ja auch von der Arbeit ab: ein energische Egoist arbeitet sicher effizienter als ein aufmerksamer Altruist.

Hier sehe ich auch den Grund, warum Frauen trotz besserer Schulabschlüsse und mehr Fleiß so selten Führungspositionen innehaben. Frauen sind oft freundlicher als Männer. Das mag daran liegen, dass sie schon immer eher für die Familie zuständig waren und sich so in der Evolution Frauentypen als vorteilhafter erwiesen, die lieber waren. Es führt auf jeden Fall dazu, dass sie im Beruf weniger erfolgreich sind. Wird eine Frau einmal Chef, so besitzt sie häufig als männlich geltende Eigenschaften wie Aggressivität, Tatkraft und Durchsetzungsvermögen, welches ja auf in die Tat umgesetztem Egoismus beruht.

Das Traurige an der Sache ist, dass es keine Lösung gibt. Denn die moderne Gesellschaft ist auf Fortschritt eingestellt. Alles muss immer schneller, höher, größer und neuer werden. Da bremsen natürlich Leute, die lieb sind anstatt zielstrebig zu arbeiten.

Meine persönliche Utopie wäre also eine Gesellschaft, die ihre Lebensbedingungen nicht durch schnellere Autos, höhere Hochhäuser, größere Flugzeuge und artifizielleres Essen zu verbessern versucht, sondern durch Freundlichkeit der Menschen untereinander.

Vielleicht gibt es doch eine Lösung: Wir lieben Menschen müssen energischer werden. Müssen unsere guten Interessen vor die der anderen, böseren Menschen stellen!

Aber halt!, sind wir dann noch lieb?

polilla aug6

 

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