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minus - plus
Die eine:
Sie raucht.
Sie raucht wie eine "Dame".
Sie hält die Zigarette zwischen ihrem Zeige- und Mittelfinger,
ganz oben, kurz unterhalb der Fingernägel. Sie spitzt ihre
Lippen an, bevor sie sich den glimmenden Stengel dazwischen
schiebt und mit einem Schielen, bei dem die Augen grinsend umherblicken,
den Rauch in ihre Lunge zieht. Aus den immer noch gespitzten
Lippen bläst sie das, was ihren Lungen zuviel war, in die
Luft vor sich und vor anderen Leuten. Am liebsten vor solchen
Leute, die "ihrem Stand" entsprechen, die sich gerne
mit ihr über all die fantastischen Dinge unterhalten, die
sie mal wieder erlebt hat, die ihr ach so aufregendes Leben
noch ein Stückchen spannender machen. Sollten es andere
Leute sein, Leute, die ihr in ihren Augen nicht das Wasser reichen
können, so spricht sie dennoch gerne von ihrem tollen Leben,
das sie uns Lieschen Müllers und Otto Normalverbrauchern
in einer Art und Weise vorträgt, dass uns klar werden soll:
"So toll werden wir niemals sein." Aber nach einer
Weile bemerken wir, dass sie scheinbar noch nicht sehr viel
erreicht hat in ihrem Leben. So vieles - "aufregendes,
neues, innovatives, anderes" - hat sie begonnen und wieder
beendet. Vorzeitig beendet, um etwas "neueres und aufregenderes"
zu starten. Komisch, denken wir uns, was ist denn an diesem
oder jenem schon so Tolles und Spannendes dran? Ach so, wir
haben nicht verstanden: Sie ist die Tolle. Na dann...
Sie kann nämlich auch malen: und das überhaupt nicht!
Die andre:
Sie raucht.
Sie raucht wie ein Schlot.
Sie sitzt einfach so zusammengekauert auf der Bank und hält
ihre Kippe so, wie sie diese gerade zwischen die Finger bekommen
hat. Hin und wieder, wobei hin und wieder in diesem Falle recht
oft bedeutet, zieht sie an der Zigarette und lässt den
Qualm dann wieder aus ihrem etwas ulkig anmutenden Mund hinaus.
Dann schaut sie ein bisschen nach oben, schaut einen aus ihren
verschmitzten Augen an und beginnt zu lächeln. Wie der
Blick einer Ratte, die ihre Intelligenz lieber hinter einem
Lächeln verbirgt, als sie der Welt zu präsentieren.
(Der Leser soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden,
dass die Autorin Ratten liebt und zudem Ratten einen wunderbaren
Blick haben. Sollte der Leser noch nie einer Ratte in die Augen
geblickt haben, so möge er dies schleunigst nachholen und
dann weiterlesen.) Dann plötzlich sprudelt es aus ihr heraus,
eine neue unglaubliche Geschichte aus ihrem Leben. Man selbst
beginnt zu grinsen, hört wieder auf zu grinsen und weiß
dann nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll. Ob man den
Kopf schütteln soll oder begeistert nicken. Ob man das
alles glauben soll oder nicht. Also bleibt man einfach mit leicht
offenen Mund sitzen und staunt. So vieles hat sie schon begonnen
und wieder sein gelassen, also bisher nichts zuende gebracht.
Dennoch ist ihr Leben angefüllt mit Leben. Dieses Leben
möchte man umarmen, beschützen oder sich von ihr beschützen
lassen. Egal...
Sie kann übrigens auch malen: und das wunderbar!
polilla feb1
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