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mit anderen augen
Mit einem für ihre Körpergröße riesigen
Schritt erklomm das kleine, weißblonde Mädchen die
hohe Stufe in die Trambahn. Mit den zarten Fingern ihrer rechten
Hand klammerte sie sich dabei am Haltegriff fest. Dafür
musste sie ihren Plüschhasen unter den Arm klemmen, da
ihre andere Hand schon ein kleines Köfferchen zu tragen
hatte. Auf diesem dunkelblauen Miniaturkoffer war ein Hase abgebildet;
vermutlich gehörten Köfferchen und Plüschhase
zusammen, mehr als nur durch die Tatsache, dass sie der selben
Besitzerin gehörten. Als die Kleine einen - aufgrund der
inzwischen angefahrenen Bahn wackeligen - Stehplatz eingenommen
hatte, nahm sie den Schlenkerhasen wieder in die rechte Hand.
Sie umklammerte ihn so fest, als würde sie dadurch etwas
sicherer stehen. Diese zarte Person sah so verletzlich aus,
wie sie dastand und sich vollkommen auf das Festhalten ihrer
beiden Hasen konzentrierte.
Da spürte ich einen Blick. Unangenehm. Fast so als würde
ich angestarrt, und doch anders. Ich sah auf und erblickte einen
jungen, etwas heruntergekommen aussehenden Mann. Er hatte einen
nervösen, irren Blick. Die Stirn wölbte sich ein wenig
nach außen - im Grunde sogar mehr als ein wenig - was
ihm ein grobes und unheimliches Aussehen verlieh. Seine blaue
Sportjacke war ausgeblichen und zerschlissen. Die gelblich grünen
Augen zuckten hektisch hin und her, wie die eines gierigen Raubtieres,
ohne dabei jedoch von ihrem Ziel abzulassen.
Ich folgte diesem unheimlichen Blick und endete bei dem kleinen
blonden Persönchen, das immernoch ihren Hasen und ihren
winzigen Koffer umklammert hielt und konzentriert war, nicht
zu schwanken. Dazu hatte sie sich recht breitbeinig hingestellt
und balancierte so ein wenig die ruckartigen Bewegungen der
Trambahn aus.
Kurz blickte ich zu dem unheimlichen Mann zurück; doch
als ob ich durch seine Augen sehen konnte, so musste auch ich
dieses kleine Ding betrachten:
Die weißen Söckchen, die sie unter ihren kindlichen
Sandalen trug, waren heruntergerutscht, so dass man ihre schmalen
Fesseln sehen konnte. Ihre dünnen, bleichen Beinchen waren
bis kurz oberhalb der Knie mit dem Rock ihres geblümten
Kleides bedeckt. Durch dieses Sommerkleid, welches ein wenig
im durch die geöffneten Fenster hereinwehenden Wind flatterte,
zeichneten sich sanft die Konturen ihres zierlichen Körpers
ab. Eben dieser Luftzug bewirkte wohl auch die leichte Gänsehaut,
die den zarten, blonden Flaum ihrer Arme und Beine ein wenig
abstehen ließ. So flach ihr Oberkörper auch war,
zeigte er dennoch den Hauch einer Ahnung entstehender Brüste.
Auf dem sehr dünnen Hals saß ihr ovaler, leicht hin
und her wackelnder Kopf. Einige Haare, die sich aus dem Haarband
gelöst hatten, umspielten ihr blasses, unglaublich liebliches
Gesicht. Auch im Nacken, der unter dem Pferdeschwanz zu sehen
war, kringelten sich einige lose Strähnchen, leiteten den
Blick ein Stück weiter, hinunter, an ihrer kleinen Wirbelsäule
entlang bis zu der Stelle, an der das Kleidchen den Rücken
bedeckte. Und doch rutschten meine Augen mit denen des irren
Mannes noch weiter, hinab bis zu der fast nicht existierenden
Kurve ihres kindlichen Popos. Der Wind hatte das Kleid des Mädchens
zwischen ihre Beinchen geweht, so dass man die Form ihrer schmalen
Schenkel erkennen konnte. Da der Rock sich etwas festgeklemmt
hatte, war er auch ein wenig noch oben gerutscht. Mein Blick,
der in Wirklichkeit der des unheimlichen Jungens war, entsetzte
mich, und ließ mich zittern. Ich wurde förmlich gezwungen,
mit seinen Augen die Stelle zwischen ihren Beinen zu fixieren,
dort, wo das Kleidchen sich eingeklemmt hatte, dort, wo ihre
Schenkel ein winziges bisschen breiter wurden.
Das zarte Fleisch kindlicher Haut; der Flaum ihrer Härchen;
die nicht wirklich erkennbaren, nur zu erahnenden Rundungen
ihres noch nicht weiblichen Körpers; all das wurde mir
gewahr, so wie es der junge Mann es wahrnahm.
Da es Zeit für mich war, die Trambahn zu verlassen, erhob
ich mich mit weichen Knien.
Beim Aussteigen warf ich einen letzten Blick zurück, und
sah diesen wahnsinnigen, das Mädchen in Gedanken verschlingenden
Blick des Irren, dem ein wenig Spucke aus dem Mundwinkel lief.
Zitternd entfernte ich mich von der Haltestelle. Auch die Bahn
war schon wieder abgefahren.
polilla
nov99
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